Montag, 21. Oktober 2024

Kapitel 12: Die neue Quelle

Heute schlief Dinologastro bis fünf Uhr nachmittags. Niemand wollte ihn wecken.
Nach seinem Schlaf hatte sich Dinologastro - oh! - in einen Drachen verwandelt! Er änderte seinen Namen sofort in Drachologastro. (Das bedeutet auf Küchenlatein so viel wie "Drache großer Magen").
Übrigens hatten die Inselbewohnerinnen eine neue Quelle entdeckt! Und in dieser Quelle gab es von allem Nachschub, selbst von gestohlenen Hühnchen! Das freute Luzia natürlich besonders, da sie so nicht für ein neues Hühnchen bezahlen musste und sogar jederzeit noch viel mehr Hühner haben konnte.
"Wie wär's, wenn wir mal wieder zum Wundersee zu den Schwänen gehen?", schlug im Laufe des Tages Zara vor.
"Drachologastro wird sich mit ihnen besonders gut verständigen können", sagte Luzia froh und sah fragend in die Runde.
Alle waren mit Zaras Plan einverstanden.
Sie liefen ein Weilchen, dann waren sie auch schon da.
Oma Trauerschwan (die übrigens der einzige Trauerschwan unter den Schwänen war) hatte auf ihrer Seerosen-Küche bereits herrlich duftende Zimtschnecken vorbereitet. "Die sind für euch", sagte sie. Dann sah sie zu Stefan Schwan.
"Ach so", sagte der weiße Schwan. "Hier, ich hab für euch eine Flöte gemacht!" Er versuchte, Luzia die kleine Holzflöte mit dem Schnabel zu überreichen.
Luzia bedankte sich und fing sofort an, Musik zu machen.
"Gut", lobte Drachologastro (ehemaliger Dinologastro), "sehr gut, schön. Passt auch gut zu den Schwänen, die Musik."
Nach ein paar Minuten verabschiedeten sich die 7 Menschen der Insel von ihren Freunden, den Schwänen. Sie wanderten wieder in Richtung Zuhause, dort, wo auch der unendliche Schatz war.
Währenddessen senkte sich ein sternenklarer Nachthimmel über die Insel.
Als alle bereits schliefen, flog Drachologastro, der Drache, zum unendlichen Süßigkeitenschatz. Dort aß er sich erst mal satt und stillte seinen Hunger, den er während dem Besuch bei den Schwänen aufgebaut hatte. Dann kreiste er noch ein bisschen über die Insel, und flog dann hinweg über die Palmenwälder, die, wie schon bereits oft erwähnt, im Osten der Traum-Insel lagen. Er flog noch kurz zum Wundersee, um ihn und seine Bewohner (die nun schlafenden Schwäne) bei der Gelegenheit noch einmal zu betrachten und ließ sich kurz nieder. Drachologastro sah hinauf zum Sternenhimmel, an dem der Vollmond hell und weiß strahlte. Dann breitete er seine riesigen Drachenflügel aus und flog wieder los in Richtung Menschen.
Langsam verging die Nacht, und nach ein paar Stunden kitzelten die ersten Sonnenstrahlen Luzias Nasenspitze. "Guten Morgen", sagte Luzia laut, um die anderen zu wecken.
"Guten Morgen, Luzia", sagte Zara verschlafen und gähnte.
Sofie blinzelte schläfrig und rieb sich den Schlaf aus den Augen.
Anja war noch ganz schlaftrunken, als sie, die Augen nur halb geöffnet aus dem Bett kroch.
Nuya war sofort hellwach, wollte aber nicht aufstehen.
Elena und Ina kuschelten sich demonstrativ in ihre warmen weichen Decken und rollten und rekelten und wälzten sich hin und her, damit sie am Ende in ihren Decken wie Rolladen aussahen und niemand sie aus ihren Decken rauswickeln konnte.
So ging das morgens immer zu.
"Na gut, dann schlaft halt noch ein bisschen", sagte Luzia gnädig. "Ich werd' sowieso erst mal Frühstück machen. Mit den Sachen aus der Quelle!"
"Ich mache mit", entschied Drachologastro spontan. Gemeinsam liefen sie also zur Quelle.
Luzia machte leckere Brötchen und warf Drachologastro immer wieder ein paar Erdbeeren zu, welcher diese wiederum zerstampfte und die zerstampften Erdbeeren in ein Glas (es war ein Marmeladenglas) füllte. So produzierte er schnell und ohne sich groß bemühen zu müssen köstliche Erdbeermarmelade.
Nach flotten drei Minuten war das Frühstück nun schon fertig.
"Frühstück!", rief Luzia und klingelte mit einem Glöckchen, das sie durch einen glücklichen Zufall irgendwann irgendwo auf der Traum-Insel gefunden und für nützlich empfunden hatte.
Die Mädchen und zum Schluss Luzia und Drachologastro, der übrigens dadurch, dass er ein Drache, also ein magisches Fantasietier war, immer saubere Füße hatte und die Erdbeeren dadurch nicht schmutzig gemacht hatte, strömten einer nach dem anderen in den Essensraum.
"Mann, war das lecker", sagte Ina nach zwanzig Minuten und klopfte sich satt und froh auf den Bauch.
Elena nickte sehr heftig und leckte sich ebenfalls sehr, sehr zufrieden oder befriedigt (je nachdem, welches Wort man benutzen will) die Lippen.
Nach dem Essen liefen alle angeleitet von Luzia und mit Drachologastro als Schlusslicht zur neuen Quelle.
Luzia freute sich, dass sie sich dort ein neues Hühnchen holen konnte. Ja, Tiere konnte man sich da nämlich auch nehmen! Nach schon einer einzigen Sekunde hatte sie sich ihr tolles Ersatz-Hühnchen geholt! Alle waren nun beruhigt.
Ein paar Minuten später setzten sich Anja und Ina ins Gras und redeten fröhlich über dies und das (das heißt, alles, worüber eine frohe Traum-Insel-Bewohnerin plaudern kann) und Elena, Sofie, Zara und Nuya gingen mal wieder zur gemütlichen Lese- und Briefe-Ecke, wo Elena, Sofie und Zara es sich gemütlich machten, um Nuya zuzuhören, weil diese ihnen nämlich unbedingt ein Buch vorlesen wollte und daran auch nicht gehindert wurde. Luzia und Drachologastro wollten ein wenig Ruhe; deshalb setzte sich Luzia auf Drachologastros Rücken und los ging der entspannte Flug zum Wundersee. Als sie fertig damit waren, ihn zu bestaunen, wollten sie die Riesenschmettterlinge sehen, die nämlich eigentlich schon von ihrer Reise nach Amazonien (denn diesmal hieß das Land, das sie bereist hatten, Amazonien) zurück sein mussten. Und da sahen sie die großen bunten Gestalten auch schon auf die Traum-Insel zufliegen! Als sie ankamen, fragten sie sofort: "Welchen Begleiter hast du denn dabei, Luzia?"
"Das ist Drachologastro, der Drache. Er ist aus einem goldenen Dinosaurierei geschlüpft", erklärte Luzia fröhlich. "Zu seiner Geburt war er allerdings schon ein ausgewachsener Dinosaurier, müsst ihr bedenken. So groß wie jetzt war er da schon, nur dass er eben keine Flügel hatte und noch Dinologastro hieß."
"Hochinteressante Geschichten hast du da aus der Vergangenheit des geflügelten Dickhäuters, liebe Luzia", sagte Risotto, der Anführer der Riesenschmetterlinge, auf seine Art. "Wir allerdings auch! Und zwar aus Amazonien..."
Ein anderer Riesenschmetterling namens Falter erzählte eifrig weiter: "Wir Riesenschmetterlinge haben diese Reise nach Amazonien unternommen, weil dieses vielen unbekannte Land noch sehr wenig erforscht ist, und weil wir dort Gold und einen Riesendiamanten vermuten, einen Schatz von unermesslichen Wert, dessen Geschichte zwar nur wenig bekannt, dafür aber spannend und interessant ist: Vor vielen von hunderten von Jahren wurde dieser gigantische Edelstein von wilden Piraten mit Holzbeinen, Augenklappen und Goldohrringen nach Amazonien verschleppt. Nach weiteren hundert Jahren starben diese Piraten aus, nicht ein einziger von ihnen war noch da. Dann nach weiteren tausend Jahren, wohlgemerkt, tausend, nicht hundert, entdeckten die Funkelaugen-Affen den seltenen Stein und lagerten ihn in einem geheimnissvollen kleinen Raum in einer Tropfsteinhöhle, der geheim blieb, bis wir kamen. Wir fanden den Riesendiamanten tatsächlich! Erstaunlich, nicht wahr?"
"Selbstverständlich haben wir ihn auch mitgebracht", sagte Risotto stolz.
"Und was ist mit dem Gold?", fragte Luzia neugierig nach.
Falter gegann aufs neue zu erzählen: "Na ja, das haben wir in Amazonien auch gefunden. Bei diesem Gold ist die Geschichte übrigens eigentlich gleich, nur dass es nicht von den Funkelaugen-Affen, sondern von den Sumpflöwen verschanzt wurde. Das Gold haben wir übrigens auch mitgebracht, falls dich das interessiert. Allerdings stellt für uns nicht es, sondern der Riesendiamant unseren bisher größten Schatz dar."
Luzia nickte bedächtig. Den Bericht von Risotto fand sie hochinteressant.
Langsam bewegten sich alle in Richtung Wundersee.
Oma Trauerschwan hatte wieder lecker gebacken und Stefan Schwan und die anderen Schwäne schwammen mal wieder friedlich auf dem See herum.
"Guten Tag, ihr Schwäne. Wie geht's? Habt ihr schon Bericht von den Riesenschmetterlingen bekommen?", begrüßte Luzia die Schwäne, die alle bis auf die Schwanenküken, die graue flaumige Federn hatten, und Oma Trauerschwan, die alte prächtige schwarze Federn hatte, schneeweiß waren.
"Uns geht's gut. Und euch?", fragte Stefan Schwan zurück.
"Uns geht es auch gut", erwiderte Luzia. "Die anderen sind nicht mitgekommen; Drachologastro und ich wollten ein bisschen unsere Ruhe."
"Aha." Oma Trauerschwan nickte, was zu ihrem schwarzen, nun nicht mehr ganz so schillernden Gefieder und ihrem schwarzen Zwickel sehr weise aussah. "Übrigens, meine junge Freundin hat ein Küken bekommen!"
"Herzlichen Glückwunsch." Luzia schüttelte dem Schwanweibchen den Flügel. Es hieß Sigrid Schwan. Sigrid hatte ihr Küken Schwanilli genannt, da es vanilleweiß sein wird, wenn es erwachsen ist.
Langsam wanderten Luzia und Drachologastro in Richtung Kakteenhügel.
"Komm, lass uns wieder in die Geheimkammer gehen", schlug Luzia vor.
"Nein! Geht nicht und kommt auch nicht in Frage!", widersetzte sich Drachologastro kopschüttelnd. "Meine Flügel sind zu hoch! Letztes Mal musste ich schon meinen Kopf einziehen und sehr doll auf meine Balance achten, um nicht umzukrachen!"
"Na gut!" Luzia ging zu den Mädchen und lief mit ihnen den Geheimgang wieder entlang. Nach einer Stunde und einer Sekunde kamen Luzia, Zara, Anja, Sofie, Ina, Elena und Nuya mit dem Süßigkeiten-Globus wieder zurück.
Drachologastro, der treue Drache, wartete bereits auf seine menschlichen Freundinnen. "Da seid ihr ja wieder. Ich hab was für euch: uralte historische Münzen aus Amazonien. Die hab ich aus der neuen Quelle gefischt."
Luzia setzte sich ins Gras und erforschte die Münzen mit einer Lupe. "Ich glaube... Also... Nein... Äh... Ich sag mal so: Auf einer Münze ist ein Vogel abgebildet, der sehr stark an einen Schwan erinnert. Ich vermute, irgendwelche Menschen waren vor Jahrhunderten hier, sind dann aber nach Amazonien gegangen. Dort erinnerten sie sich dann irgendwann an die schönen Schwäne auf dem Wundersee und prägten Münzen, auf denen diese Schwäne zu sehen waren. Nach vielleicht ein paar Jahrtausenden gelangten diese Münzen dann durch einen unbekannten Weg wieder hierhin."
"Ja, ja", sagte Dinologastro. "Du hast wirklich alles bedacht und gut kombiniert." Dann fiel er in ein nachdenkliches Schweigen. Dann brach er es schließlich, indem er rief: "Was hält uns eigentlich davon ab, diesen geheimen Weg zu finden?"
"Ja, genau!", rief Luzia. "Gute Frage!"
Und so gingen alle zu Risotto, Falter und den anderen Schmetterlingen. Und sie hatten Glück: Risotto, der Anführer, kannte den geheimen Weg!
Der Flug über den weiten Ozean konnte beginnen! Das war ein Abenteuer!
Luzia und Zara saßen auf Drachologastros Rücken, Ina lag auf seinem Schwanz, der ungefähr genauso lang war wie sein Hals.
Elena und Sofie klammerten sich an den beiden Flügeln von Risotto fest, Anja tat das gleiche mit Falter. Nuya flog bei einem Riesenschmetterlingweibchen mit, das Schmetty hieß.
Risotto flog einen sehr langen und gefährlichen Weg entlang, und die anderen folgten ihm.
Die Reise ging über gigantische, weite, blaue Meere, hohe Berge, tiefe Täler, steile Abhänge, die höchsten Bäume, lange Steppen und Prärien, große gelbe Felder und besondere Wasserfälle.
Der Ozean war das gefährlichste: Es gab sehr starke Strömungen, die einen schon mit sich rissen, wenn man einen Meter von der Wasseroberfläche entfernt war, hoch springende blutrünstige Haie, die überall sein konnten und fuchsteufelswild nach einem schnappten, Winde, die sangen, oder solche Sachen eben.
Doch Risotto ließ sich von keiner der Gefahren ablenken und konzentrierte sich nur auf seinen Weg.
Nach etlichen Tagen und Nächten hatten sie ihr Ziel endlich erreicht: Amazonien. Mehrere Wochen verbrachten die Freunde in dem tropischen, unerforschten Land Amazonien, mitten im Regenwald. Während der Reise und dem Aufenthalt in Amazonien fanden sie viele Schätze. Drei Monate waren vergangen. Dann begann die abenteuerliche Rückreise...

Dienstag, 1. Oktober 2024

Kapitel 11: Der Geheimgang

Der Sommer stand vor der Tür.
Ina lief gerade auf dem Kakteenhügel auf und ab. Es war genau der Hügel, den sie im Winter als Rodelberg benutzt hatten, als auf ihm eine dicke Schneedecke gelegen hatte. Plötzlich stolperte sie über einen Kaktus und schlug mit dem Kopf gegen etwas hartes. Als der erste Schock vorbei war und sie ihre Augen wieder aufmachte, entdeckte sie eine kleine, sehr alte Holztür. Geschwind rannte sie zum Haus und holte die anderen menschlichen Inselbewohnerinnen (also Luzia, Elena, Anja, Nuya, Zara und Sofie) zum Fundort.
Luzia wollte die Tür öffnen und war sehr gespannt auf die geheimnissvolle Welt, die sich hinter ihr verbarg.
Zara war fest davon überzeugt, sie würden einen Schatz finden. Sie behauptete sogar, es spüren zu können. Doch ob es dort wirklich einen Schatz gab oder ob es nur eine Mischung aus Bauchgefühl, Aufregung und Fantasie von Zara war, war nicht klar.
Anja wollte die Tür ebenfalls öffnen.
Nuya blieb zurückhaltend mit Ideen und Vermutungen und schwieg. Ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, war sie im geheimen aber auch gespannt und wollte mindestens genauso gerne herausfinden, was für ein Geheimnis die kleine Holztür barg.
Elena war der Meinung, die sieben sollten nicht zu vorschnell in das, was hinter der Tür war, hereingelangen wollen, da man ja nie wissen konnte, ob dahinter vielleicht Gefahren lauerten. Sie war sichtlich nervös.
Sofie vermutete, hinter der Tür läge ein Geheimgang.
Ina wollte in dem, was hinter der Tür lag, Gummibärchen finden. Die anderen fanden diese Vermutung sehr unwahrscheinlich und lächerlich, doch Ina war fest davon überzeugt, da irgendetwas ihr sagte, dass der Gedanke gar nicht mal so abwegig war.
Nun kam auch Dinologastro dazu, der vor einer Minute noch friedlich geschlummert hatte und noch sichtlich schlaftrunken war. "Entschuldigung", sagte er, "ich hab erstmal nicht richtig verstanden, dass ich auch mitkommen soll. Ich war noch im Halbschlaf und hab alles irgendwie nur mit halbem Ohr mitbekommen... Na ja, mit halbem Hörloch oder wie man das nennt. Richtige Ohren habe ich jedenfalls nicht, nein, durchaus nicht, das seht ihr ja alle."
"Alles gut", beruhigte ihn Luzia. "Ich weiß gar nicht mal, ob die Welt hinter der Holztür oder was auch immer hinter dieser Tür ist, für dich geeignet ist. Natürlich kannst du trotzdem mitkommen."
"Also, los jetzt! Mach die Tür auf, Luzia! Sonst werde ich noch ganz zappelig!", rief Ina aufgeregt und hüpfte ungeduldig hin und her.
"Ruhig Blut, ruhig Blut, nicht so voreilig!", sagte Luzia ruhig. "Wir haben noch nicht mal den Schlüssel, den wir für die Tür brauchen, damit wir sie öffnen können! Falls ihr überhaupt schon bemerkt habt, dass wir einen Schlüssel brauchen. Es gibt nämlich ein Schlüsselloch für den Schlüssel, seht ihr? Ihr könnt auch gerne ausprobieren, die Tür zu öffnen, ohne Schlüssel geht sie nicht auf. Also, will wer mit mir den Schlüssel suchen? Einer oder zwei reichen."
Alle Finger schossen gleichzeitig in die Luft und alle schrien so laut wie möglich: "ICH!"
"Na gut, dann suchen eben alle." Luzia seufzte. "Wir teilen uns auf. Jeder geht an einen anderen Ort. Anja und Sofie, ihr geht in den Osten suchen. Anja, du suchst im Palmenwald, Sofie, du durchsuchst den Wundersee und fragst die Schwäne nach dem Schlüssel. Ina und Elena, ihr geht in den Westen. Ina, du gehst in die Berge, Elena in die Region in der Nähe der Berge, dort, wo die vielen Wiesen sind, klar? Nuya und Zara, ihr geht in den Süden der Insel, in die kleine Wüstenregion. Zara, du gehst richtig in die Wüste rein, Nuya, du bleibst im Bereich mit den vielen Oasen. Ich selbst gehe mit Dinologastro in den Norden und suche die vielen Flüsse dort ab. Okay?"
Alle waren einverstanden und nickten. Dann zerstreuten sie sich in die vorgegebenen Richtungen, um den Schlüssel zur Holztür zu suchen. Nach einer Weile hatten sie ihn schließlich gefunden. Er war am zentralsten Punkt der Insel gewesen.
Unter den Jubelschreien der sechs Mädchen steckte Luzia den Schlüssel ins Schlüsselloch und öffnete tapfer die Tür. Sie quietschte leise.
Nuya hielt sich die Ohren zu, als sie das Quietschen hörte. Sie konnte solche Töne gar nicht aushalten und kreischte laut, als die Tür noch einmal quietschte, als sie die Hände wieder von ihren Ohren gelöst hatte.
Nach dem Öffnen der Tür betrat Luzia unter den ehrfurchtsvollen Blicken der Mädchen und mit ihren laut verhallenden Schritten die absolute Stille brechend, die Tür und stellte fest, dass sie sich in einem Geheimgang befand, so, wie Sofie es ja vermutet hatte.
Als der Ton von Luzias ersten Schritten entgültig verklungen war, wagte sich eine nach der anderen in den Tunnel zu Luzia hinein und lief durch die Tür. Schließlich folgte Dinologastro. Seine großen Füße produzierten dumpfe Töne und er schaffte es nur gerade so mit ein wenig Hilfe der Glücksfee, seinen riesigen gigantischen gigantomanischen supersuperduperlangen Dinosaurierhals so nach unten zu strecken, dass er nicht oben durch die Decke brach, wieder ans Tageslicht kam und stecken blieb. Allerdings war das so überhaupt nicht leicht und extrem ermüdend für ihn, seinen Hals so zu senken, und mit einer falschen Bewegung des Schwanzes würde er entgültig aus der Balance kommen. Schon bald hielt er es nicht mehr aus und sein Hals streifte die Decke. Eine Menge Staub fiel auf den Kopf des Dinosauriers und er musste superlaut niesen:
HATSCHI!
Für ein paar Sekunden herrschte angstvolles Schweigen, da alle befürchteten, die Däcke wäre nicht sicher und der Gang einsturzgefährdet und durch Dinologastros Nieser könnte die Decke über ihnen jederzeit einstürzen. Als ein paar Minuten immer noch nichts geschehen war, fingen die sieben wieder an zu reden und beruhigten sich wieder.
Nun wurde es ziemlich feucht. Nuya, Ina und Elena ekelten sich furchtbar.
Als Nuya einen Schimmelpilz sah, schrie sie sogar schrill auf und wich instinktiv zur Seite. Fast wäre sie hingefallen, aber die anderen kamen ihr rechtzeitig zu Hilfe und halfen ihr sofort wieder auf. Doch auf Nuya wartete der nächste Schock: Spinnennetze und lichtscheue Tiere, die den Tunnel bewohnten. Wieder kreischte sie auf und musste sich an den Tunnelwänden abstützen. Als sie den Schatten einer Ratte vorbeihuschen sah, konnte sie nicht mehr aufhören zu kreischen. Schon bald tauchten die nächsten Ratten auf und folgten der ersten.
Kein Wunder, dass Anja, Sofie und Zara sich nicht ekelten, ihnen waren die vielen ekligen oder ein bisschen gruseligen Sachen gar nicht aufgefallen und sie hatten sie nicht bemerkt. Als sie die Ratten, Spinnen und Schimmelpilze nun irgendwann bemerkten, erlebten sie kurz eine Art Schockstarre, fassten sich schnell aber wieder und redeten sicherheitshalber ein bisschen miteinander, um sich  nicht zu ekeln oder zu gruseln.
Inzwischen hangen sogar schon Fledermäuse an den Decken.
Der Grund, warum Luzia und Dinologastro sich nicht ekelten und gruselten, war ganz einfach: Sie ignorierten die vielen Tiere einfach und ließen sich von ihnen nicht beirren. Dinologastro musste sich jetzt sowieso mit ganz anderen Sorgen beschäftigen, und zwar mit seinem Hals und seiner Balance. Schließlich, als ihm der Hals schon wehtat, fragte er kläglich: "Wo endet dieser gang eigentlich mal?"
"Das weiß niemand von uns", flüsterte Luzia. "Wir können nur ungefähr schätzen. Und wir können hoffen, dass er nicht viel zu lang ist."
Der Gang wurde immer düsterer. Das einzige Licht war nun Luzias Laterne. Der Geheimgang war sehr lang. Er schien fast unendlich zu sein.
Stunde um Stunde verging.
Dinologastro sah zur niedrigen Decke hinauf. Er gähnte und dachte an seine schon etwas müden Beine und seinen schmerzenden Hals.
Nach einem Weilchen beschloss Luzia, ihre Schritte zu beschleunigen.
Mit schnellen Schritten folgten die Mädchen Luzia und dem Dinosaurier Dinologastro.
Nach etlichen Stunden sahen sie nun endlich ein erstes zweites Licht. Doch sie waren noch lange nicht am Ziel, was auch immer das Ziel war. Das Licht war nämlich nur ein Loch in der Decke. Es war so groß und breit, dass Dinologastro seinen Hals nach draußen strecken konnte und ihn wieder herausziehen konnte, ohne sich dabei zu verletzen oder zu ersticken.
Nun wusste Luzia auch, wo sie sich befanden: mitten unter dem Palmenwald. Und dieser befand sich im Osten der Insel. Es vergingen noch ein paar Stunden. Dann drang ein Geräusch an die Ohren der Inselbewohnerinnen und Dinologastro. Es war ein Plätschern, das einer wunderbaren Musik glich. Das war bestimmt der Wundersee! Aber Luzia irrte sich. Denn schon kamen die Freunde in einer alten, aber schönen Kammer an. Dort stand ein uralter verstaubter Globus, aus dem die Musik drang. Vermutlich stammte er sogar noch aus dem Mittelalter, möglich wäre es! Und da entdeckte Luzia einen Knopf, der genau auf der Stelle der Traum-Insel war! Vorsichtig drückte Luzia den Knopf. Der Globus zersprang in zwei Hälften und aus ihm kamen unendlich viele Süßigkeiten! Nun hatten sie einen zweiten unendlichen Süßigkeitenschatz!
💞

Kapitel 12: Die neue Quelle

Heute schlief Dinologastro bis fünf Uhr nachmittags. Niemand wollte ihn wecken. Nach seinem Schlaf hatte sich Dinologastro - oh! - in einen ...